Bild: Kahlschlag am Guldenen / Kanton ZH
KAHLSCHLAG ZERSTÖRT DEN WASSERTRANSPORT UND DEN KÜHLUNGSEFFEKT
Neben der Wechselwirkung zwischen Wald, Wasser, Energie und Speicherung von Kohlenstoff muss auch die Kühlung der Landesoberflächen und die Verteilung von Wasserressourcen berücksichtigt werden. Wälder und Bäume sind die Hauptregulatoren innerhalb des Wasser-, Energie- und Kohlenstoffkreislaufs.
Ohne die Verdunstung, der Aerosol- und Wolkenbildung der Bäume und Wälder hätten wir auf der Erde eine Durchschnittstemperatur von +67 Grad Celsius. Die Wälder bestimmen massgeblich unser Klima. Sie speichern zum einen den Regen und geben zum anderen durch die Verdunstung das Wasser wieder langsam an die Umgebung ab. Dabei entsteht Kühle und das Wasser wird entsprechend weitertransportiert, wo es woanders wieder abregnet.
Der Wasserdampf wird durch die Verdunstung in die Atmosphäre transportiert, formiert unter gewissen Voraussetzungen (Eiskeim/Kondensationskeim zusammen mit Wasserdampf) zur Wolke.
Aber der Wald kann noch viel mehr: er macht sich seinen eigenen Regen. Darum sind die Tannen- und Fichtenwälder des Nordens dunkler in der der Farbe. Das hat einen Grund: das dunkle grün erwärmt sich schneller, wenn die Nadelbäume von der Sonne beschienen werden. Es entsteht ein Aufwind über diesen Waldflächen. Bei Hitze schwitzen, d.h. dünsten diese Bäume kleine Aerosole (= winzigste Teilchen) aus. Wir riechen sogar diese Aerosole der Fichten und Tannen. Da warme Luft aufsteigt, gelangen diese Aerosole durch diesen Aufwind weit hoch in die Atmosphäre. Ist dort Wasserdampf vorhanden (viel Wärme = mehr Verdunstung), dienen diese Aerosole sozusagen als Kondensationskeim-Spender. Wo Wüstensand oder Meersalzkristalle Aerosole zum Kondensieren fehlen, übernehmen Nadelbäume diese Funktion. Wir wissen, dass Regentropfen nur dann entstehen, wenn beides vorhanden ist: Kondensationskeime an denen Wasserdampfmoleküle kondensieren können. Die Wälder kreieren damit ihren eigenen Regen. Fehlen diese Wälder, fehlt auch dieser Prozess. Wasserdampf alleine macht keinen Regen. Auch scheinbar "wärmende" Wälder - wie Fichtenwälder oft bezeichnet werden - kühlen unser Klima, da sie für Wolken und Regen sorgen.
Wer mehr dazu lesen will: https://www.arm.gov/news/features/post/43530
Selbst für den lokalen Wasserkreislauf, Luftzirkulation und Kühleffekt spielt die regionale Waldplanung eine grosse Rolle. Durch Planung und Vergrösserung der Wälder und Bäume kann das Klima für Städte eindeutig verbessert werden.
Was hat das mit dem Kahlschlag am Pfannenstiel zu tun? Die offene Waldfläche verursacht also nicht nur weitere Baumbruchschäden durch Stürme, sondern auch ungünstige Thermikveränderung für die Umgebung. Zudem fehlt die Wasserspeicherung und die Verdunstung. Der Regen wird nicht gespeichert, sondern das Wasser des Niederschlags (das in kurzer Zeit runterregnet) fliesst zu schnell ab. Dadurch steigen Erosionen am Erdbereich (guter Humus wird weggeschwemmt) und die Grundwasserspeicher füllen sich nicht auf, da die Versickerung schlechter auf ausgetrockneten und verdichteten Boden ist. Der Einsatz der schweren Erntemaschinen zerstörten die Poren durch ihre Vibrationen. Eine gute Versickerung ist nur gesichert auf einem feuchten, luftporigen und von Kanälen durchzogenen Waldboden. Der Waldboden am Guldenen (Kahlschlag) ist nun so verdichtet, dass die künftigen Bäume es noch schwerer haben. Das freut die Schädlinge - besonders den Borkenkäfer. Verdichteter Boden heisst noch mehr Trockenstress und in Folge schwächere Bäume. Einer gesunden Fichte kann der Borkenkäfer nichts anhaben. Sie kann ihn leicht mit ihrem Harz abwehren. Es werden nur kranke und schwache Bäume befallen. Nicht immer liegt die Schuld beim Klimawandel, sondern manchmal auch bei einer falschen Waldbaustrategie.
Ist der Wassertransport gestört, wird der hydrologische Kreislauf unterbrochen.
WASSERTRANSPORT
Ohne Wälder in Küstennähe und weiterleitenden Wassertransport durch Inlandwälder findet kaum Niederschlag im Landesinneren statt. Wälder produzieren nämlich beides: Aerosole und Wasserdampf, die beim Zusammentreffen dann Wolken bilden, um wieder irgendwo weiter abzuregnen. Kein Niederschlag, kein Wiederauffüllen des Grundwassers. Konsumieren wir das Grundwasser und es regeneriert sich nicht, haben wir kein Wasser mehr. Dies ist bereits der Fall in vielen Ländern der Welt, wo die Grundwasserentnahme grösser ist als das Nachfüllen durch Niederschlag.
WALDFREIE FLÄCHE UND KAHLSCHLAG ERHITZT DAS LAND
Hier seht Ihr die Temperaturunterschiede von verschiedenen Landschaftsflächen. Am gleichen Sommertag zeigt das Thermometer beim Asphalt: 49°C, Acker 36°C, Wälder: 28°C. Je kahler das Land, desto stärker also die Erwärmung. Ein Kahlschlag im Wald führt zu einem deutlichen Temperaturanstieg - einer Hitzeinsel im Wald. Diese kann bis zu +8 °C betragen; das macht für die umliegende Bäume einen grossen Unterschied. Sie geraten in Hitzestress. Auch der heisse Asphalt bei spärlichem Baumbestand verursacht grossen Hitzestress der Bäume. Daher sollte auch immer der Asphalt in Städten dicht beschattet sein, damit dieser sich nicht so erhitzen kann. Städtische Hitzeinseln werden dadurch massiv reduziert. Das heisst: links und rechts der Strassen sollten grosse Bäume stehen, die im Sommer den Asphalt komplett überdachen. Das steigert die Lebensqualität der Stadtbewohner nebst der Verdunstungskühle und dem produzierten Sauerstoff.
UNTERSCHIEDLICHE EFFEKTE - JE DICKER DER PFEIL, desto stärker/mehr.
Bodenerrosion = orange
Verdunstung = rot
Grundwassererhöhung = blau
Bodenerrosion = gelb
Bodenversickerung und Filterung = grün
HANGSICHERUNG
Wenn plausible Scheinargumente - wie "das Gewicht der Bäume" zu Erdrutschen führen soll, dann hat Holzkorporation das Thema "Hangstabilisierung" nicht ganz verstanden. Denn wir haben genau das Gegenteil vorliegen: die Bäume tragen massgeblich zur Hangstabilisierung bei.
In der Bildergalerie sieht man eine Buche, die z.B. den Bodenabrutsch im Küsnachter Tobel stoppt. Das Wurzelwerk unterbricht die Gleitfläche und der Erdrutsch wird aufgehalten. Die erhöhte Rauigkeit der Bodenoberfläche dank Wurzeln, Streuschicht und Grasvegetation setzt die Geschwindigkeit des Oberflächenabflusses herab und fördert die Infiltration. Das Gewicht der Bäume ist unbedeutend, weil die Kräfte, welche durch das Gewicht der Bäume erzeugt werden, massgeblich kleiner sind als die Kräfte, welche durch den Boden erzeugt werden. Die Fachstelle für forstliches Bautechnik hat das für uns ausgerechnet: die treibende Kraft gegeben durch die Belastung eines alten Bestands (5 t/100 m2) auf einen 30° steilen Hang beträgt circa 400 N/m2, während die treibende Kraft von einem 1 m tiefen Boden circa 8000 N/m2 beträgt).
Bei Rutschprozessen mit einer Gründigkeit unter 2m und einem Rutschvolumen kleiner als 500-1000 m3, ist die Wurzelverstärkung von grosser Bedeutung für die Hangstabilität. (Fachstelle für forstliche Bautechnik)
Für die Hangstabilität spielt daher die Struktur des Baumbestands (Dimension, Dichte und relative Position der Bäume) eine grosse Rolle. Wissenschafter stellten fest, dass die Anfälligkeit für Erdrutsche in Parzellen umso höher ist, je tiefer die Baumdichte und je grösser die Abstände zu anderen grösseren Bäumen sind. Umgekehrt kann man sagen: die Anfälligkeit für Erdrutsche ist um so grösser, je grösser die schwachen Wurzelzonen sind - das ist der Bereich zwischen den Bäumen. Dort fehlt eine ausreichende Wurzelverstärkung und gerade dort öffnet sich häufig eine Lücke infolge der Druckbelastung - meist bei starken anhaltenden Niederschlag (Moos et al. 2016). Wie auch auf dem Foto aus dem Küsnachter Tobel.
Was bringt das Ausholzen für einen "lichten Wald" im Küsnachter Tobel? Es bringt lediglich massive Erosionen und vermehrte Hangabbrüche und häufigere Hochwasserereignisse. Warum?
Der Wald ist wie ein riesiger Schwamm. Das sich ansammelnde Wasser wird von den Vegetations-, Boden- und Grundwasserreservoirs aufgenommen und gespeichert. Später langsam und je nach Jahreszeit dann wieder freigesetzt. Eine gesunde Wasserscheide kann die natürliche Talspeicherkapazität maximieren. Wälder bieten eine Überdachung, die den Regen abfängt und ihre mächtige Wurzelsysteme halten den Boden an Ort und Stelle. Selbst die kleinsten Moose speichern und filtern das Wasser.
Kahle oder lichte Landschaften jedoch geben ideale Bedingungen für mehr Überschwemmungen im Tal. Ein Hochwasserereignis besteht i.d.R. aus zwei Hauptbestandteilen: Intensität und Dauer. Es muss lange genug stark regnen, um die Ströme aus ihrem Gleichgewicht zu bringen. Wenn sich nun die Haltekapazität für das Wassereinzugsgebiete verringert und die Entwässerung beschleunigt wird, werden die Hochwasserströme schneller und höher. Das Risiko eines Hochwasserereignis bei intensiven Regenfällen wird durch die Fällaktionen der Holzkorporation Küsnacht verstärkt.
Mit Baumbestand und intakter Vegetationsdecke - ohne Baumbestand mit Erosionsflächen
Schäden am Waldboden durch die irreversible Bodenverdichtung
Foto Waldkrone: Kahlschlag am Guldenen, Kanton ZH - Schäden am Waldboden wirken Jahrzehnte nach. Die Forstwirtschaft gefährdet die Forste. Forstmaschinen zerstören unser wichtiges Gut: nämlich ein gesunder Waldboden.
Kahlschlag ist nie gerechtfertigt, nicht einmal bei Borkenkäferbefall. Borkenkäfer ist keine Gefährdung des Waldes, sondern lediglich eine Gefahr für trockengestresste Fichten, wo die eigene Parasitenabwehr (Harzen) nicht mehr ausreichend funktioniert. Das grössere Problem hier ist der Schaden am Waldboden. Dieser Schaden begünstigt indirekt auch den Borkenkäferbefall. Warum?
Der Waldboden ist ein riesiges Porensystem mit unzähligen Gängen und feinen Röhrchen, die sich in den letzten Jahrtausenden (!) mit dem Versickern von Wasser durch Ablagerungen von Tonmineralien schichtweise und plättchenartig gebildet hat. (Siehe nachfolgendes Bild)
Bild: Sensible Waldböden mit tausendjähriger Geschichte. Die Poren zwischen den 0,002mm grossen Tonplättchen enthalten bis zu 60% Luft, die für die Durchwurzelung, Atmung, Wasserspeicherung und das Bodenleben von Tausenden Mikroorganismen entscheidend ist. Im Falle der Verdichtung entfällt der Luftanteil. Quelle: bfw/Forsttechnik
Das Gewicht und die Vibrationen (vom Motor) der Erntemaschinen bewirken, dass dieses hoch kontinuierliche Porensystem im Waldboden wie ein Kartenhaus zusammen bricht.
Nicht nur direkt unter den Reifen, sondern weiterflächiger und auch tiefer. Fährt man also mit dem Harvester auf dem Waldboden herum, passiert genau diese Verdichtung. Die Tunnel und Röhrchen stürzen ein. Die im Boden lebenden Tiere und Mikroorganismen ersticken. Das Wasser versickert nicht mehr. Dadurch gibt mehr Staunässe und Oberflächenabfluss (Erosion). Die tieferliegenden Grundwasserspeicher füllen sich nicht mehr auf. Das alles gefährdet ein gesundes Baumwachstum. Wissenschaftler haben herausgefunden: Eine einmalige Befahrung genügt, um diesen Idealzustand des Porensystems irreversible zu zerstören.
Rückgang der Sauerstoffversorgung unter den Fahrspuren - dem Boden geht die Luft aus. Quelle: BFW Forsttechnik
In diesem Porensystem leben unzählige Mikroorganismen und Pilze: Innerhalb von 0,3 Kubikmeter (das entspricht einer Fläche von 1x1 Meter und 30 cm Tiefe) leben 1,6 Billionen Lebewesen. Sie stellen Nahrung für den Baum her. Insbesondere die Mykorrhizapilze verschwinden aufgrund der starken Belastung fast vollständig. Die Mykorrhizapilze sind jedoch für den Baumwachstum von großer Bedeutung.
Das "Waldmikrobiom" (Pilze etc.) ist ein Top-Indikator für das Wachstum von Waldbäumen: Schnell wachsende Wälder beherbergen Pilzarten, die die notwendigen Nährstoffe aufnehmen, auf die Bäume sonst keinen Zugriff hätten. Das Vorhandensein solcher Pilze ist mit einer Verdreifachung der Baumwachstumsrate (mehr Info) verbunden.
Tip für den Förster: Bei Wiederherstellungsbemühungen: Importbäume (Douglasie) haben im Gegensatz zu den heimischen Baumarten ihren spezifischen Pilz nicht hier. Sich fragen, welche Pilze das Waldwachstum verbessern. Kranke Bäume als Schattensprender einfach stehen lassen. Waldboden vor direktem Sonnenlicht schützen, damit das Waldmikrobiom nicht zerstört wird.
Baumwurzeln meiden verdichteten Boden (dort fehlt Nahrung, Luft und Wasser), d.h. die Wurzeln wachsen primär in den nicht verdichteten Teil. Das führt dazu, dass sich ihr Wurzelsystem nicht gleichmässig, tellerartig und rund ausbildet. Ein schlechtes Wurzelwachstum führt dazu, dass bei starken Stürmen genau diese Bäume dann vermehrt umkippen, da ihnen eine gleichmässige, stabile Bodenverankerung mit dem Wurzelwerk fehlt.
Fazit:
Ein Großteil des bodenökologischen Schadens wird also bereits bei der ersten Überfahrt verursacht. Im verdichteten Boden ersticken die Lebewesen und Mikroorganismen. Unsere Böden sind ein wichtiger Habitat- und Genpool. Böden mit hoher Biodiversität sind resilienter gegen Störungen, zeigen einen effizienteren Nährstoffumsatz und sind stabiler in ihren Bodenfunktionen. Irreparable Schäden am Waldboden stellt ein massiver Wertverlust für den Waldbesitzer da. Ein schlechter Waldboden liefert schwächere Wälder in der Zukunft. Das sind Fehler der Forstwirtschaft, nicht des Klimawandels. Modernisierung rationalisiert Arbeitsplätze weg und bringt Effizienz, das alles aber zu einem hohen ökologischen und gesellschaftlichen Preis. Kahlschlag wurde aus gutem Grund verboten.
Immunität?
Ein Beitrag zum Eschensterben
Ein aus Ostasien eingeschleppter Pilzbefall namens "Hymenoscyphus pseudoalbidus" oder "Eschenwelke" schädigt zur Zeit in ganz Europa massiv den Eschenbestand. Die Krankheit kann an befallenen Eschen folgende Schäden verursachen: Verminderung der Blattmasse, Kronenverformung und Verminderung der Resistenz gegenüber sekundären Krankheitserregern (Hallimasch oder Eschenbastkäfer).
Lediglich eine kleine Anzahl Eschen in Europa weist bis jetzt keine oder kaum Schäden auf: (link) genau diese vitalen Eschen, die wenig oder gar nicht auffällig sind, sind jetzt sehr wertvoll. Warum? Sie sollen ihre resistenten Pollen an andere Eschen weitergeben (link) und (link). Und das geschieht zum Teil über Kilometer weite Strecken.
Die Esche ist sehr trockenresistent und deshalb eine geeignete Waldbaum-Art für den Waldumbau im Zuge des Klimawandels. Resistente Eschen spielen daher in Zukunft in unseren Wäldern eine grosse Rolle. (link) In der Schweiz bewies die Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft ("WSL"), dass seit einiger Zeit, die Eschen weniger Blätter verlieren und die Mortalitätsrate sinkt. (link) Das deutet auf Resistenzbildung hin und gibt Hoffnung. So entsteht keine Artenlücke.
Leider werden aber gegenwärtig unter Forst-Aktionen: "Sicherheit" und "Krankheit" auch gesunde Eschen unabhängig ihres Gesundheitszustandes gefällt. Ein grosser Fehler, denn so können resistente Bäume sich nicht vermehren. Wird der Fortbestand einer Gattung jetzt durch unsere Forstwirtschaft gefährdet?
Bilder und nachfolgendes Video: Die "GrünStadt" Zürich fällt im Wolfsbachtobel gesunde Eschen.